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1.Probereise 08.Okt-10.Okt.2025

Es ist soweit: Der Camper ist eingelöst, und obwohl alles auf den letzten Drücker geschah, hat letztlich alles wunderbar geklappt. Am 7. Oktober die MFK – problemlos bestanden – und noch am selben Nachmittag halte ich die Nummernschilder in der Hand. Damit steht unserer ersten Reise nichts mehr im Weg.

Am 8. Oktober um 15 Uhr fahre ich zum Betagtenzentrum Linde in Grosswangen, um Hildegard abzuholen. Jahrgang 1938, eine warmherzige Frau mit Humor, Würde und einem bewegenden Mut zum Neuanfang. Sie hat ohne zu zögern zugesagt, als ich sie fragte, ob sie als erste Gästin mit WegBetreut unterwegs sein möchte.

Denn bei WegBetreut ist es ein zentraler Gedanke, dass Feriengäste ihre Reise selbst wählen können – nach eigenen Erinnerungen, Wünschen und Träumen. Und Hildegard hatte einen ganz besonderen Wunsch: Noch einmal Lausanne sehen. Diese Stadt, die sie 1964 gemeinsam mit ihrem inzwischen verstorbenen Ehemann besucht hatte. Eine Zeit, an die sie gerne zurückdenkt. Ein Ort, der ihr Herz berührt.

Wir machen uns auf den Weg über Bern Richtung Genfersee. Nach zwei Stunden Fahrt lassen wir den Hochnebel hinter uns – ab Bern empfängt uns die Sonne, als hätte sie nur auf uns gewartet. Das Licht wird wärmer, die Stimmung leichter, und Hildegard schaut aus dem Fenster mit einem Blick, der sagt: Es tut gut, wieder mal unterwegs zu sein.

Auf dem Campingplatz de Vidy in Lausanne geniessen wir die letzten Sonnenstrahlen des Tages. Die Wärme auf der Haut, der weiche Glanz des Sees, ein Moment, der zur Ruhe einlädt.

Hildegard lächelt – ein Lächeln voller Erinnerungen, aber auch voller Gegenwart. Und ich spüre: Genau für solche Augenblicke gibt es WegBetreut. Für Reisen, die so einzigartig sind wie die Menschen, die sie antreten.

Erster Tag mit Hildegard

Zweiter Tag unserer ersten Probereise.Nach einem feinen Morgenessen starten wir ruhig in den Tag und fahren mit dem ÖV nach Lausanne-Ouchy – dorthin, wo 1964 die Expo stattfand und wo für Hildegard so viele Erinnerungen verankert sind.

Die Sonne will sich an diesem Morgen nicht so recht zeigen, doch das macht uns nichts aus. Spontan entscheiden wir uns für eine Schiffsrundfahrt über den Genfersee, vorbei an Saint-Gingolph, Le Bouveret, Montreux, Vevey und zurück nach Lausanne. Und obwohl draussen der Himmel eher grau bleibt, haben wir es drinnen umso gemütlicher: Wir ergattern tatsächlich die letzten beiden Plätze im nostalgischen Speiserestaurant an Bord – ganz ohne Reservation. Ein schöner Glücksmoment.

Während das Schiff ruhig über den See gleitet, geniessen wir einen feinen Herbstteller: Hirschragout mit Kürbispüree und seltenem Gemüse. Das warme Essen, die gedämpfte Atmosphäre und das leise Schaukeln des Wassers machen die Fahrt besonders wohltuend. Fast drei Stunden lassen wir uns treiben, beobachten die Küstenlandschaft hinter den Fenstern und geniessen die gemeinsame Zeit.

Zurück an Land geht es wieder zum Camper, denn ein weiterer Wunsch von Hildegard steht an: ein feines Käsefondue. Seit mehreren Jahren hat sie keines mehr gegessen – und umso grösser ist ihre Freude, als sie den ersten Bissen probiert.

So sitzen wir gemeinsam im Camper, der Duft des Fondues in der Luft, draussen der graue Himmel – und drinnen Wärme, Gemütlichkeit und echte Freude.

2ter Tag mit Hildegard

Dritter Tag unserer ersten Probereise.Die Nacht verlief nicht ganz ohne Zwischenfall: Ein kleines Malheur führte dazu, dass Hildegard später sogar noch zwei Wochen lang ein Hämatom am Bein und Gesäss mit sich trug. Doch wie sie ist – tapfer, humorvoll und voller Gelassenheit – liess sie sich davon den Tag nicht verderben.

Nach einem feinen Morgenessen starten wir ruhig in den Tag. Während Hildegard noch ein wenig in ihrem Pro Senectute-Heft liest, beginne ich mit den üblichen Camperarbeiten: die Toilette leeren, den Campingplatz bezahlen, den Güsel entsorgen, die Stützen hochfahren und noch einige weitere Handgriffe, die zu einer Abreise dazugehören. Dann ist alles bereit – es geht weiter.

Unser Weg führt uns über Neuchâtel nach Crissier, dorthin, wo Hildegard vor 71 Jahren ihren Welschlandaufenthalt verbracht hat. Eine Zeit, die sie sehr geprägt hat und über die sie mir eindrücklich erzählt. Damals waren die Bedingungen ganz anders: Ein halbes Jahr durfte sie nicht nach Hause, und auch telefonieren war – soweit sie sich erinnert – kaum möglich. Briefe waren die einzige Verbindung zu ihrer Familie.

Sie berichtet mir von ihrem starken Heimweh, wie sie an Weihnachten sogar ihren Koffer packte und kurz davor war, heimlich abzureisen. Doch der Mut verliess sie im letzten Moment, und sie stellte die Koffer wieder zurück. Es berührt mich, wie offen sie von dieser schwierigen Zeit erzählt – und wie viel Stärke in diesen Erinnerungen steckt.

Wir finden das Haus tatsächlich wieder. Es ist Mittagszeit, niemand ist draussen, und hineingehen möchte Hildegard nicht – unser beider Französisch ist, gelinde gesagt, ausbaufähig. Also betrachten wir das Haus aus der Ferne, lassen die Vergangenheit vorbeiziehen und setzen unsere Reise fort.

Weiter geht’s zum Murtensee, wo wir im Camper ein gemütliches Mittagessen geniessen. Anschliessend machen wir einen Spaziergang am Wasser. Der Hochnebel hat sich endlich verzogen, und die Sonne zeigt sich wieder – warm, klar und wohltuend.

Da die Autobahn im Stau versinkt, wählen wir den Weg über das Oberaargau und fahren nach Sempach. Dort steht noch ein kleines Fotoshooting für Werbematerial des Vereins WegBetreut an. Ein herzliches Dankeschön an Hildegard, die sich mit viel Geduld und Offenheit dafür zur Verfügung gestellt hat.

Am späten Nachmittag machen wir uns auf den Heimweg – müde, aber glücklich, voller schöner Erinnerungen, Gespräche und Begegnungen. Zurück im Betagtenzentrum Linde in Grosswangen verabschieden wir uns – reich beschenkt von drei Tagen, die uns beide bewegt haben.

3ter Tag mit Hildegard


 
 
 

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